Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen Mannheimer Polizisten im Todesfall Ante P. zugunsten des verurteilten Beamten auf

Das Verfahren muss nun erneut verhandelt werden

Im September hatte der BGH bereits den Freisspruch des zweiten Beamten, der an dem tödlichen Polizeieinsatz beteiligt war, bestätigt. Das Landgericht Mannheim hatte den Beamten, dessen Fall nun vom BGH entschieden wurde, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 Euro wegen Körperverletzung im Amt verurteilt.

Die beiden beschuldigten Polizisten hatten Ante P., der an einer akuten Schizophrenie litt, am 2. Mai 2022 mit Gewalt zu Boden gedrückt. Einer der Beamten hatte ihm insgesamt vier Fausschläge gegen den Kopf versetzt. Die Schläge seien zwar schmerzhaft, aber nicht lebensgefährlich gewesen, behaupteten die Karlsruher Richter nun. "Es konnte weder geklärt werden, wann ein Herzstillstand eintrat, noch auf welcher Ursache der Tod beruhte", so der BGH.

Der Anwalt der Schwester von Ante P. hatte vor dem Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass die Polizisten gegen die Einsatzvorschriften verstoßen hätten, wonach die zwanghafte Bauchlage potenziell lebensgefährlich sei. Die Polizisten hätten den Todeskampf fälschlich als Bedrohung wahrgenommen. Die Gerichtsmedizinerin hatte im Prozess vor dem Landgericht Mannheim diese Einschätzung gestützt und gesagt, dass Ante P. im Todeskampf durch das Blut in seinen Atemwegen keine Luft mehr bekommen habe. Doch die Mannheimer Richter hatten sich der Auffassung des vom Angeklagten bestellten Gutachters angeschlossen, der angeführt hatte, dass auch eine Vorerkrankung Ursache des Herzversagens gewesen sein könnte.

Die Schwester von Ante P. wollte diese Urteil des Landgerichts nicht hinnehmen und mit der Revision eine höhere Strafe und eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge erreichen. Das lehnte der BGH nun mit dem Hinweis ab, es habe Rechtsfehler zu Lasten des verurteilten Mannheimer Polizisten erkannt und wies das Verfahren nach Mannheim zurück. Nun ist eine andere Kammer des Landgerichts für das Verfahren zuständig.

Die Familie von Ante P. will weiter für Gerechtigkeit kämpfen. „Mein Bruder musste streben, weil er psychisch krank war. Obwohl Menschen Zivilcourage gezeigt haben, haben die Polizisten einen Schutzbefohlenen vor aller Augen getötet. Es wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn Polizisten vor Gericht stehen“, stellt die Schwester von Ante P. fest.

Tatsächlich enden Polizeieinsätze bei Menschen mit psychischen Problemen öfter mit Todesfällen, stellt eine Studie des Kriminologen Tobias Singelnstein über strukturelle Probleme bei der Polizei fest. Die Beamt*innen seien darauf trainiert, Bedrohungslagen zu erkennen und abzuwehren. Nun agierten Menschen in psychischen Ausnahmesituationen aber oft atypisch. Das mache es mitunter schwer, zu erkennen, ob statt Zwang eher Kommunikation und Deeskalation angezeigt sind. „PolizistInnen werden immer nur in Ansätzen in der Lage sein, solche Situationen richtig einzuschätzen“, so Singelnstein in einem Interview mit der taz.

Viele potenziell von Polizeigewalt Betroffene fühlten sich in Mannheim nicht mehr sicher, erklärt die Initiative 2. Mai in einer Presseerklärung zur BGH-Entscheidung. Sie unterstützt weiterhin die Familie von Ante P. und bittet um Spenden, damit die Schwester von Ante P. auch bei der nun anstehenden zweiten Runde des Strafverfahrens gegen den Mannheimer Polizisten als Nebenklägerin die gesellschaftliche Aufarbeitung voranbringen kann. Die Betterplace Kampagne trägt den Titel: Solidarische Begleitung für die Familie von Ante P. und ist zu finden unter: https://www.betterplace.org/de/projects/133751

Quellen:



Verfasst am Samstag, 19. Oktober 2024