Einschüchterungsversuch gegen Initiative 2. Mai Mannheim

Die beiden Polizisten, die wegen des Todes von Ante P. vor Gericht standen, bedrohen nach dem enttäuschenden Urteil die Initiative mit einer Unterlassungsklage. 

Die Initiative habe alle Äußerungen zu unterlassen und entsprechende Textpassagen auf der Website zu löschen, in denen ein Zusammenhang zwischen dem Tod von Ante P. und dem Handeln der Polizisten suggeriert werde. Bei jeder Zuwiderhandlung werde eine Vertragsstrafe von 1500 Euro und zusätzliche Anwaltskosten fällig, heißt es in der Schrift des Anwalts der Polizisten.

Ante P. war am 2. Mai 2022 gestorben, nachdem er bei einem Polizeieinsatz am Mannheimer Marktplatz mit Pfefferspray zu Boden gebracht wurde und ihm ein Beamter vier Schläge gegen den Kopf versetzt hatte. Nach der Fixierung der Polizisten hatte Ante P. fast sechs Minuten bewegungslos bäuchlings auf dem Boden gelegen. Dabei waren seine Hände auf dem Rücken mit Handschellen verschlossen. Es erfolgten keinerlei Reanimationsmaßnahmen durch die Polizeibeamten. Ein Gutachten der Rechtsmedizin Heidelberg kam zu dem Schluss, dass die Todesursache ein lagebestimmter Erstickungstod sei. Dieser soll durch mit Blut verstopfte Atemwege, verstärkt durch die ungünstige Bauchlage, ausgelöst worden sein. Doch für den Tod von Ante P. wollte und musste bislang niemand Verantwortung übernehmen.

Das Mannheimer Landgericht kam im Verfahren gegen die zwei beteiligten Beamten zu dem Ergebnis, dass als Todesursache auch ein plötzliches Herzversagen aufgrund einer Vorerkrankung in Frage komme. Diese Option hatten zwei rechtsmedizinische Sachverständige ins Spiel gebracht, die von der Verteidigung der Angeklagten beauftragt worden waren. Den Vorsitzenden Richter Gerd Rackwitz scheint das überzeugt zu haben: Ihm zufolge sei nach den sechs Verhandlungstagen nicht erwiesen, dass der 47-jährige Ante P. tatsächlich an den Folgen illegitimer Gewaltanwendung verstorben sei.

In der Anklageschrift hieß es dagegen, ein Beamter hätte sich wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung im Amt schuldig gemacht. Im anderen Fall liege eine fahrlässige Tötung durch Unterlassen vor, weil der Polizist keine Rettungsmaßnahmen eingeleitet habe. Doch sogar Staatsanwalt Michael Hager hatte die These vom plötzlichen Herztod im Lauf des Verfahrens für plausibel befunden und forderte in seinem Plädoyer milde Urteile: Einmal Freispruch für den beistehenden Polizeiobermeister Z. und sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung für den angeklagten Oberkommissar J., weil der Pfefferspray-Einsatz und die Schläge gegen den Kopf unverhältnismäßig gewesen seien.

Die Kammer hielt eine Geldstrafe für ausreichend: Der Hauptangeklagte J. muss eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 50 Euro zahlen, insgesamt 6.000 Euro. Sein Kollege Z. wurde vom Vorwurf des Unterlassens freigesprochen, da bei einem plötzlichen Herzversagen keinerlei Reanimation möglich sei. Damit können beide im Dienst bleiben. 

Die beiden Nebenklägerinnen, Mutter und Schwester von Ante P., hatten gehofft, dass den beiden Polizisten der Polizeidienst verwehrt würde. Engin Şanlı, Anwalt von P.s Schwester, bemängelte im Anschluss an die Urteilsverkündung, dass das Gericht "das Gesamtgeschehen dieser Tat nicht angemessen würdigt". Er hat bereits Revision eingelegt. 

Dier Mannheimer "Initiative 2. Mai", erklärte, dass sie trotz des enttäuschenden Urteils weitermachen und den Kampf gegen Polizeigewalt und für die Rechte von Menschen mit psychischen Krankheiten fortsetzen werde. Durch die Unterlassungsklage der Polizisten werde sie sich nicht einschüchtern lassen. „Laut der Menschenrechtskommission des Europarats setzen immer öfter unethisch handelnde Akteur*innen juristische Mittel missbräuchlich zur Abschreckung der kritischen Öffentlichkeit ein.“

Quellen:



Verfasst am Dienstag, 20. August 2024