Initiativen-Vernetzung

Foto: Jasper Kettner

Die Betroffenen und Hinterbliebenen kämpfen seit vielen Jahren für Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen und haben selbst Formen selbstbestimmter Gedenkpolitik und Erinnerung geschaffen. So schufen die Familien Arslan und Yılmaz aus Mölln, die bei dem rassistischen Brandanschlag 1992 drei Angehörige verloren und neun Schwerverletzte zu beklagen hatten, mit der „Möllner Rede im Exil" einen wichtigen Meilenstein für ein würdiges und selbstbestimmtes Gedenken. Auch die Familien Şimşek, Kubaşık und Yozgat, deren Familienangehörige vom NSU ermordet wurden und 2006 in Kassel und Dortmund Tausende aus ihrer Community auf die Straße brachten und Aufklärung und Gerechtigkeit sowie „Kein 10. Opfer!" forderten, wurden zu Vorbildern, weil sie sich öffentlich Gehör verschafft haben und für eine lückenlose Aufklärung der NSU Anschlags- und Mordserie kämpfen.

Seit vielen Jahren besuchen sich Betroffene und Initiativen aus ganz Deutschland bei Gedenkveranstaltungen, um sich gegenseitig beizustehen und Kraft zu geben. Seit 2021 treffen sie sich regelmäßig bei Vernetzungstreffen, um sich kennenzulernen, auszutauschen, eine gemeinsame Sprache für ihre Erfahrungen zu finden und Forderungen zu stellen, mit denen sie an die Öffentlichkeit treten können. Mit dabei sind unter anderem Initiativen aus Hamburg, Mölln, Eberswalde, Berlin, Halle, Kassel, Dortmund, Solingen, Duisburg, Köln, Hanau, München. Die Initiative Herkesin Meydanı und die Hanauer Initiative 19. Februar gaben dafür den Anstoß.

Betroffene rassistischer und antisemitischer Gewalt haben trotz andauernder Angriffe und alltäglicher Anfeindungen in den vergangenen Jahren viel erreicht. Sie sind sichtbar und ihre Stimmen unüberhörbar geworden. Trotz alltäglicher Diskriminierungen und des institutionellen Rassismus, migrantisches Leben lässt sich nicht vertreiben, Migration ist unumkehrbar! Die offene, durch Migration und vielfältige Lebensentwürfe geprägte Gesellschaft ist Realität, entgegen allen Integrations- und Unterwerfungsanforderungen und trotz des Rechtsrucks. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind die Netzwerke und Allianzen, die von Betroffenen und solidarischen Menschen geknüpft werden. Sie schaffen Räume für den Austausch von Erfahrungen, geben Kraft, machen Mut, denn Erinnerung muss erkämpft werden.

Eine Übersicht mit antirassistischen Initiativen, Freundeskreisen, AKs und Bündnissen findest du auf unserer Seite Netzwerk.